Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36
Heidelberger Sinfoniker
Leitung: Thomas Fey
Erschienen: 2000
Aufnahme: April/Mai 2000, Gesellschaftshaus Heidelberg-Pfaffengrund
Auszeichnungen
CD des Monats (Scherzo, Spanien)
Kritiken zu dieser CD
Eine Hörprobe dürfte schnell in Erstaunen setzen: Die Aufnahme ist ein bemerkenswertes Produkt aus der zweiten Generation historischer Aufführungspraxis und lässt einen wortwörtlich mit Pauken und Trompeten aus dem Hörschlaf altklassischen Heroen-Einerleis erwachen ... So frisch, so spielfreudig im ursprünglichen Sinne gab es Beethovens Sinfonien Nr. 1 und 2 schon lange nicht mehr zu hören. Man greife beispielsweise den vierten Satz der ersten Sinfonie heraus: Donnerschlag, zögernde Tonleiteraufgänge, geradezu suchend und geheimnisvoll, die sich dann mit schon italienisch zu nennendem Brio als reiner Auftakt herausstellen und so viel Drive, so viel Witz mitbringen, dass der Satz gelingt - fast will man sagen: nur gelingen kann. Alles ist leicht und dabei sauber und klar gespielt. Das Blech klingt strahlend und zupackend, das Tempo ist insgesamt herausfordernd und bissig, und da, wo es finster wird, ballt sich das Ensemble mit solcher Wucht und Willensstärke zusammen, mit solcher Unbedingtheit, wie sie nur wirklich leidenschaftliches Spiel zutage bringen kann. Fey und die Heidelberger Sinfoniker machen aus Beethoven wieder den jungen, verwegenen Mann, den musikalischen Revoluzzer, der seine Altvorderen zwar gut studierte, doch keine Scheu hatte, mit mozartschen und haydnschen Traditionen zu spielen, um dem neuen Stil auch sein Siegel aufzudrängen. Schließlich wollte er hoch hinaus, und das ist ihm gelungen.
Klassik online, Deutschland
Diese Beethoven-Einspielung erreicht dasselbe Niveau wie die überragenden Aufnahmen von David Zinman und dem Tonhalle-Orchester Zürich. Die ungemein zügigen Tempi sind elastisch und geschmeidig, der Ablauf besitzt in jedem Moment eine fulminante Dynamik, die Phrasierung artikuliert ungemein plastisch die Satzanlage. Das Orchester spielt unverkrampft, virtuos und mit einer begeisternden, ansteckenden Laune; es stürzt sich voller Abenteuerlust, aber niemals kopflos, in die Musik hinein. Die Streicherbesetzung ist reduziert, so dass die Bläser dominieren; deshalb wirkt das Tutti farbiger, perspektivenreicher, rauer als gewohnt. Die Musiker aus Heidelberg differenzieren im Detail, weshalb selbst analog gestaltete musikalische Ereignisse unterschiedliche Bedeutungen erhalten ... Man möchte der Einspielung die weite Aufmerksamkeit wünschen, die sie verdient.
FonoForum, Deutschland
Wie weit sich Beethoven schon in seinen ersten beiden Sinfonien vom Bisherigen entfernt hatte, das zeigt Thomas Fey – wenn auch nicht als Erster, so doch mit besonderem Nachdruck – mit diesen Einspielungen. Die Musik strotzt vor überschäumender Energie, ist vital bis an die Schmerzgrenzen der dissonanten Hörner-Einsätze im Kopfsatz der Zweiten und revolutionär in ihren wilden Kontrasten ebenso wie in ihrer ans Egozentrische reichenden, voll ausgeprägten Individualität. Fey liest die Partituren genau und befolgt sie bis ins letzte dynamische Detail, und doch verlässt der Dirigent dabei nie seine eigene Sichtweise, ist nicht ‚Vollstrecker‘ von Noten, sondern Interpret ... Er deutet beide Sinfonien als kontinuierlich aufsteigende Rampe zur großen, heroischen Dritten.
Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg
Man sollte meinen, an guten Aufnahmen von Beethovens Symphonien herrsche kein Mangel, und man müsse da nicht auf die Heidelberger Sinfoniker warten. Wenn diese Produktion dennoch nicht überflüssig erscheint, so ob ihres künstlerischen Profils. Abgesehen von der hier gebotenen technischen Perfektion steuert Thomas Fey einen Beethoven an, der mit seinen heftigen Akzenten und dynamischen Kontrasten keinen Zweifel daran lässt, dass hier eine revolutionäre symphonische Sprache anhebt, die auf Herausforderung abzielt. Selbst der Scherz des Finale-Anfangs der Ersten mit seiner ‚Verzögerungstaktik' spricht hier nicht mehr die Sprache ähnlicher Scherze Haydns ... So, wie sie hier gezeichnet werden, scheint der Weg von diesen Erstlingen zur Eroica zwangsläufig. Das macht das Besondere der Aufnahme aus.
Stereoplay, Deutschland
Kaum hat Thomas Fey mit seiner Haydn-Sinfonien-Gesamteinspielung begonnen, schon kommt die erste CD seines Beethoven-Zyklus heraus - und sie ist unverschämt gut! Nun, es gibt heutzutage mehr Beethoven-Zyklen als funktionierende Münztelefone (kennen Sie die noch?), darunter einige von Dirigenten aus der historisierenden Ecke. Aber Fey ist nicht nur ein erstklassiger Musiker; er ist ein ungemein vitaler Interpret mit eigenem Kopf, der wirklich etwas zu sagen hat. Bei Schlagzeug und Blechbläsern bevorzugt er historische Instrumente wegen ihres scharfen, direkten Klangs, entscheidet sich aber andererseits für eine moderne Streichergruppe mit ihrer Flexibilität in Klangfarbe und Ausdruck. Der Kopfsatz der ersten Sinfonie hebt, nach seiner langsamen Einleitung, förmlich ab in halsbrecherischer opera buffa-Manier, und das ohne jegliche Einbuße hinsichtlich Artikulation oder Kontrolliertheit. Das Andante ist graziös und transparent, das geschmeidige Scherzo eher tänzerisch als ungestüm vorwärtsdrängend. Im Kontrast dazu entwirft Fey die zweite Sinfonie in breiteren Pinselstrichen und mit reicheren Orchesterfarben. Den langsame Satz, ‚Larghetto', wird von ihm nicht, wie von vielen anderen Dirigenten, als ‚Andante' fehlinterpretiert, und er erzielt so einen geisterhaften, glasharmonika-artigen Klang der Streicher, die ihr Vibrato offenbar kollektiv an der Garderobe abgegeben haben. Das Scherzo kommt kraft- und schwungvoll akzentuiert daher, das Finale ist getrieben von unerbittlichen, aber niemals sich überstürzenden Wogen orchestraler Energie. Und zu allem Überfluss sind die charaktervollen Interpretationen dieser CD außerordentlich gut Aufnahme:. Nur wenige Beethoven-Zyklen haben einen derart heftigen und aufregenden Start hingelegt wie dieser.
Bring on the Eroica!
Classics Today, USA
Mit kräftigem Furor durchpflügen die Heidelberger Sinfoniker hier den Kopfsatz der ersten Sinfonie, kehren die instrumentalen Widerborstigkeiten mit Genuss nach außen und erforschen die Dialektik der Durchführung mit kessem Schritt. Kein Zweifel: Die Unbotmäßigkeit des eröffnenden Dominantseptakkords wird hier zum Programm. Fey ist eine erfrischende Lesart gelungen, die bei allem Respekt vor dem Notentext den Blick für die Korrespondenz der Sätze untereinander nicht verliert. Das Orchester sorgt für luzide Durchhörbarkeit, beweist aber auch, dass es kraftvoll zupacken kann: Wenn das Finale der C-Dur-Sinfonie einsetzt, hat das schon fast Brucknersche Dimensionen. Auch die Komplexität des Kopfsatzes der zweiten Sinfonie ist bei den Heidelbergern in guten Händen. Das Misterioso, das etwa die langsame Einleitung leise durchzieht, wird von den Akzenten nicht um seine Balance gebracht, sondern nurmehr mit unruhigen Irrlichtern angereichert ... Insgesamt verspricht der Feysche Beethoven-Zyklus eine vielversprechende Lesart zu werden.
Klassik heute, Deutschland